Biosimilars: Was unterscheidet Sie von Biologika?
Biologika sind eine relativ neue Arzneimittelgruppe. Es handelt sich um biotechnologisch hergestellte Wirkstoffe − sogenannte Biopharmazeutika. Die Arzneien aus der Gruppe werden nicht chemisch hergestellt. Stattdessen werden sie mit Hilfe von lebenden Zellen erzeugt. Doch wie unterscheiden sich Biosimilars von anderen Biologika? Was sind Generika?
Um zu verstehen, was Biosimilars sind ist es zunächst wichtig zu verstehen was Generika sind: Generika sind Nachahmepräparate, die den gleichen Wirkstoff wie ein bereits zugelassenes Medikament enthalten, aber von einer anderen Firma hergestellt werden. Generika sind in ihrer Wirkung identisch zum Originalmedikament, allerdings können sich der Herstellungsprozess und die Zusatzstoffe, die mit dem Wirkstoff zusammen das Medikament ergeben leicht unterscheiden.
Solche Nachahmepräparate (Generika) werden von konkurrierenden pharmazeutischen Unternehmen hergestellt, sind meistens deutlich günstiger als das Originalprodukt. Die Generikafirmen mussten schließlich auch nicht die Kosten für die Erforschung und Entwicklung des Originalproduktes tragen. Für Kostenträger im Gesundheitssystem tragen Generika dazu bei die Kosten für Arzneimittel deutlich zu senken.
Generika durchlaufen außerdem einen kürzeren Zulassungsprozesse als Originalpräparate, denn ihr Wirksamkeits- und Sicherheitsprofil ist bereits bekannt.
Der Begriff Generika wird üblicherweise aber nur für Medikamente verwendet, die chemisch hergestellt werden. Bei biologisch hergestellten Medikamenten (Biologika) sieht die Situation ein wenig anders aus.
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Was sind Biosimilars?
Der Begriff Biosimilar setzt sich aus der ersten Silbe von Biologikum („Bio”) und dem englischen Wort „similar” (ähnlich) zusammen. Biosimilars ahmen ein Biologikum, einen Original-Wirkstoff, nach. Im Gegensatz zu Generika ist ihr Wirkstoff allerdings dem Original-Wirkstoff (Referenzprodukt) nicht hundertprozentig identisch. Biosimilars und Biologika sind in ihrer Wirksamkeit vergleichbar. Unterschiede bestehen in der Struktur: Biopharmazeutika bestehen aus großen Proteinen (Eiweißen) und nicht aus einfachen chemischen Strukturen.
Das Prinzip der Biosimilars ist mit dem der Generika bei synthetischen Wirkstoffen vergleichbar.
-
Generika:
- identische Kopie eines Original-Wirkstoffs
- Gilt für: chemisch hergestellte (synthetisierte) Medikamente
-
Biosimilar:
- nicht identisch zum Original-Wirkstoff, aber sehr ähnlich (highly similar)
- Gilt für: mit Hilfe von Mikroorganismen, menschlichen, tierischen oder pflanzlichen Zellen hergestellte Wirkstoffe
Für Interessierte
Bis ein neues Medikament erfolgreich auf den Markt gebracht wird, durchläuft es viele kostspielige Entwicklungsstufen. Die entstandenen Kosten für Forschung und Wirksamkeitsstudien muss das Unternehmen mit dem Vertrieb erwirtschaften. Dabei hilft der Patentschutz. Er verhindert, dass der Wirkstoff durch andere Pharmaunternehmen nachgeahmt wird. Läuft der Patentschutz aus, können schließlich auch andere Unternehmen den Wirkstoff produzieren. Das nachgeahmte Produkt bei biotechnologisch hergestellten Medikamenten nennt sich dann Biosimilar. Sie sind also Folge-Präparate, die nach Ablauf des Patentrechts des Original-Produkts auf den Markt kommen.
Was sind Einsatzgebiete von biotechnologisch hergestellten Arzneistoffen?
Durch biotechnologisch hergestellte Arzneimittel ist eine neuartige Behandlung von vieler Erkrankungen möglich. So konnten man insbesondere bei der Behandlung von Autoimmunerkrankungen und in der Krebstherapie Behandlungserfolge erzielen.
Bei diesen Krankheiten kommen Biosimilars zum Einsatz (Auswahl):
- Diabetes
- Multiple Sklerose
- Rheuma (rheumatoide Arthritis)
- Psoriasis (Schuppenflechte)
- Krebserkrankungen
- angeborene Stoffwechsel- und Gerinnungsstörungen
- Morbus Crohn
- Colitis Ulcerosa
Welche Arzneistoffe werden biotechnologisch hergestellt?
Biotechnologisch hergestellte Arzneimittel gleichen menschlichen Proteinen. So werden inzwischen insbesondere menschliche Hormone und Antikörper biotechnologisch produziert.
Zu den biotechnologisch hergestellten Proteinstrukturen zählen beispielsweise:
- Insulin: bewirkt die Aufnahme von Glukose (Zucker) in die Zelle
- Erythropoietin (EPO): regt die Bildung von roten Blutkörperchen an
- Wachstumshormone
- Enzyme
- Gerinnungsfaktoren
- Zytokine: regulatorische Proteine (unter anderem in Zellen und bei der Immunantwort)
- Antikörper
Wie wurden Biosimilars von Insulin entwickelt?
Bei insulinpflichtigem Diabetes müssen Betroffene Insulin spritzen, um ihren Blutzucker zu regulieren. Zu Beginn der Therapie mit Insulin bekamen die Patienten tierisches Insulin verabreicht. In den 1980er Jahren wurde das tierische Insulin zunächst durch das genetisch hergestellte Human-Insulin ersetzt. 1996 wurde dann das erste Analog-Insulin eingeführt. Dieses wirkt schneller als das Human-Insulin − ein Durchbruch für die Diabetesbehandlung.
Human-Insulin und Insulin-Analoga werden mit Hilfe von Hefepilzen oder Bakterien hergestellt. Sie gehören also zu der Gruppe der Biologika. Das langwirksame Insulin-Analoga Insulin glargin (Lantus®) wurde 2014 nach Ablauf des Patentschutzes kopiert. Das entsprechende Biosimilar heißt Abasaglar®. Bei den schnell-wirksamen Insulinen war das Insulin lispro (Humalog®) lange Marktführer. Seit 2017 gibt es hier nun ebenfalls eine Kopie des Originals: das Biosimilar Insulin lispro von Sanofi.
Was sind Vorteile von Biosimilars?
Seit 2007 hat sich der Umsatz von Biologika verdreifacht. 2017 lag ihr Umsatz dem Arzneiverordnungs-Report 2018 zufolge bei 11,3 Milliarden Euro. Original-Wirkstoffe (Biologika) sind aber sehr teure Medikamente. Zunehmend gibt es daher auch Biosimilars auf dem Markt. Die Folge-Präparate sind in der Regel deutlich günstiger.
Biosimilars sind in der Therapie verschiedener Erkrankungen sehr gefragt. Mit Ende des Patentschutzes eröffnet sich für viele Pharmaunternehmen daher ein neuer Markt. Doch nicht nur für Pharmafirmen sind die Folge-Präparate lukrativ. Auch das Gesundheitssystem könnte durch die geringeren Kosten deutlich entlastet werden. Auch Patienten, die momentan keine Behandlung mit Biologika erhalten, könnten langfristig profitieren: Ist die Behandlung günstiger, wären unter Umständen andere Indikationen und ein früherer Einsatz der Medikamente möglich.
Warum sind Biosimilars günstiger?
Zwar bleibt die Herstellung der Biopharmazeutika weiterhin teuer. Doch sie erhalten ihre Zulassung deutlich leichter und schneller als das Original-Produkt. Um die Wirksamkeit nachzuweisen, reicht eine Testung der Wirksamkeit des Medikaments in einer Phase-III-Studie aus. Somit sind die Kosten bis zur Einführung auf dem Markt weitaus geringer als beim Original.
Sind Biosimilars zu empfehlen?
Biosimilars sind dem Originalmedikament sehr ähnlich. Da sie nicht komplett identisch sind, können sie theoretisch ein anderes Wirkungs- und Nebenwirkungsprofil aufweisen. Allerdings ist für die Zulassung von Biosimilars ein Nachweis vorgeschrieben, dass sich die Wirkung tatsächlich nicht vom Referenzprodukt unterscheidet. Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärztegesellschaft (AkdÄ) schätzt die Biosimilars in Hinblick auf Qualität und Wirksamkeit dennoch als gleichwertig ein. Alle geprüften und zugelassenen Biosimilars können somit bedenkenlos ausgewählt werden.
Kann ich von meinem Biologika auf das günstigere Biosimilar wechseln?
Eine Umstellung auf das entsprechende Biosimilar ist möglich. Da beide Produkte jedoch nicht identisch sind, gilt es ein paar Dinge zu beachten.
- Der Wechsel muss in Absprache mit dem behandelnden Arzt stattfinden. Er ordnet das neue Medikament an. Apotheken dürfen nicht eigenmächtig das günstigere Biosimilar ausgeben.
- Da das Biosimilar nicht identisch ist, sollte der Arzt die Wirkung in der Umstellungsphase überwachen.
Welche Biosimilars gibt es?
Die Tabelle zeigt alle bis Dezember 2018 zentralisiert auf dem europäischen Markt zugelassenen Biosimilars. Es ist davon auszugehen, dass die Anzahl der Biosimilars weiter zunehmen wird.
Wirkstoff | Biosimilar | Referenz-Produkt (Biologika) |
Adalimumab |
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Humira (Link) |
Bevacizumab |
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Avastin |
Enoxaparin-Natrium |
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Clexane |
Epoetin alfa |
|
Erypo |
Epoetin zeta |
|
Erypo |
Etanercept |
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Enbrel |
Filgrastim |
|
Neupogen |
Follitropin alfa |
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Glonal-F |
Infliximab |
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Remicade |
Insulin glargin |
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Lantus |
Insulin lispro |
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Humalog |
Pegfilgrastim |
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Neulasta |
Rituximab |
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Mabthera |
Somatropin |
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Genotropin |
Teriparatid |
|
Forsteo |
Trastuzumab |
|
Herceptin |
Zylka-Menhorn, V., & Korzilius, H. (2014). Biosimilars: Das Wettrennen ist in vollem Gange. Dtsch Arztebl, 111(11).
Fricke, U., Hein, L., & Schwabe, U. (2018). Neue Arzneimittel 2017. In Arzneiverordnungs-Report 2018 (pp. 53-148). Springer, Berlin, Heidelberg.
Hartmann, F. (2016). Biosimilars–ähnlich, aber nicht gleich!. Zeitschrift für Gastroenterologie, 54(11), 1251-1253.
Die forschenden Pharmaunternehmen (2018). Übersicht über zentralisiert in der EU zugelassene Biosimilars. Online abgerufen am 05.02.19 unter:
https://www.vfa.de/biosimilars-uebersicht-originalpraeparate.pdf.
Food and Drug Administration (2017). Biologicals and Interchangeable Products. https://www.fda.gov/drugs/biosimilars/biosimilar-and-interchangeable-products