Low-FODMAP vs. konventionelle Ernährungsumstellung
Hilft die FODMAP-Diät wirklich? Eine aktuelle Studie von der schwedischen Ernährungswissenschaftlerin Dr. Lena Böhn über die low- FODMAP-Diät hat für viel Aufsehen in der Reizdarm-Szene gesorgt. Die Studie hat Zweifel an der außergewöhnlichen Wirksamkeit der low-FODMAP-Diät beim Reizdarmsyndrom aufkommen lassen.
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Streit um Wirksamkeit der low- FODMAP-Diät
Die Veröffentlichung der Studie hat zu einem spannenden Briefwechsel zwischen den schwedischen Forschergruppen von den Universitäten Gothenburg und Stockholm (Karolinska), welche die Studie durchgeführt haben, und der Monash Universität aus Australien geführt. Die Forschergruppe der Monash Universität in Australien rund um Frau Dr. Sue Shepard und Dr. Peter Gibson gilt als großer Verfechter der low-FODMAP-Diät. Mittlerweile vermarkten die Australier diese low-FODMAP-Diät für das Reizdarmsyndrom im großen Stil. Sie machen unter anderem Umsatz mit dem Verkauf von low-FODMAP Kochbüchern, Seminaren, aber auch mit eigenen Fertiglebensmitteln, Lizenzen und Zertifikaten.
Aus diesem Grund wundert es nicht, dass sich die Australier durch Frau Dr. Böhns Studie angegriffen fühlen und ein hitziger Briefwechsel zwischen den Forschern entstanden ist.
Angefangen hat der Streit mit folgender Veröffentlichung im August 2015:
Böhn, L., Störsrud, S., Liljebo, T., Collin, L., Lindfors, P., Törnblom, H. and Simrén, M., 2015. Diet low in FODMAPs reduces symptoms of irritable bowel syndrome as well as traditional dietary advice: a randomized controlled trial. Gastroenterology, 149(6), pp.1399-1407.
Schweden vs. Australien
In dieser Studie wurde die low-FODMAP-Diät mit einer herkömmlichen Ernährungsumstellung beim Reizdarmsyndrom verglichen. Es wurde überprüft, wir stark beide Diäten die Schwere und Häufigkeit der Reizdarm-Symptome lindern können. Es gab zwei Gruppen in der Studie:
- Klassische Ernährungsumstellung: die Teilnehmer nahmen an einer Ernährungsschulung teil. Ihnen wurde beigebracht, strikt drei Hauptmahlzeiten und drei Nebenmahlzeiten pro Tag einzunehmen und fettige, blähende und stark gewürzte Speisen zu meiden. Außerdem wurden sie zu einem gründlichen Kauen und langsamen Essen in einer entspannten Atmosphäre angehalten.
- Low-FODMAP-Diät: die Teilnehmer verzichteten auf fermentierbare Kohlenhydrate und Polyole. (z.B. Fruktose, Laktose, Fruktane, Galaktane, Mannitol, Xylitol, Maltitol)
Unentschieden: FODMAP-Diät weniger wirksam als versprochen
Die Australier haben in den letzten Jahren mehrere Studien veröffentlicht, die eine sehr hohe Wirksamkeit für viele Reizdarmpatienten belegt haben. Diese hohe Wirksamkeit konnte nicht durch die schwedische Studie belegt (reproduziert) werden. Nur bei jedem Zweitem (50 Prozent) konnten die Reizdarmsyndrom Symptome effektiv durch die low-FODMAP-Diät reduziert werden. Somit enttäuscht die low-FODMAP-Diät. Andere Studien haben zuvor eine Wirksamkeit der FODMAP-Diät bei 68–86 Prozent der Reizdarmpatienten versprochen. Die Schweden greifen hierbei Australien mit dem Einwand ein, dass die Studie, die eine Wirksamkeit der FODMAP-Diät bei 86 Prozent der Patienten ergeben hat, nicht die höchsten Qualitätsstandards medizinischer Studien erfüllt. Bei der von den Australiern hervorgehobenen Studie von der Ernährungswissenschaftlerin Heidi Staudacher aus London, handelt es nämlich nicht um eine randomisierte kontrollierte Studie, wodurch die Ergebnisse durch viele Störfaktoren verfälscht sein können.
Klassische Ernährungsumstellung kann mithalten
Was an der schwedischen Studie überrascht: die konventionellen Tipps zur Ernährung beim Reizdarmsyndrom (z.B. regelmäßige Mahlzeiten, bewusstes langsames Essen etc.) helfen genau so vielen Patienten wie die gehypte low-FODMAP-Diät. Die Symptome in der Studiengruppe mit der klassischen Ernährungsumstellung konnten bei 46 Prozent der Teilnehmer vermindert werden. Wobei der Unterschied zur low-FODMAP-Diät nicht statistisch signifikant ist.
Kombination aus schwedischem und australischem Ansatz
Die Australier sind erstmal durch das schlechte Abschneiden ihrer low- FODMAP-Diät enttäuscht. Jedoch gibt die schwedische Studie Hoffnung auf eine besser Therapie des Reizdarmsyndroms. Angenommen, die klassische Ernährungsumstellung ist allein genau so wirksam ist wie die low-FODMAP-Diät, so lässt dies hoffen, dass eine Kombination aus beiden Ansätzen noch mehr Reizdarmpatienten hilft. Die low- FODMAP-Diät, die sich vor allem darauf fokussiert, wie das Essen zusammengesetzt ist, müsste also um die Hinweise der Schweden erweitert und in neuen Studien überprüft werden. Vielleicht können sich so die Effekte beider Ernährungsformen sogar verstärken.
Fazit
Neben der low-FODMAP-Diät, lohnt es sich, klassische Hinweise zur Ernährung beim Reizdarmsyndrom ebenfalls zu beachten. Klassische Hinweise beziehen sich weniger dadrauf, was gegessen wird, sondern vielmehr, wie und wann.
Beachte also folgende Hinweise:
- Regelmäßigkeit: iss regelmäßig, dass sich dein Körper an einen Rhythmus gewöhnen kann. So weiß dein Darm, wann er sich auf die Verdauung vorbereiten muss. (beispielsweise drei Hauptmahlzeiten und drei kleine Zwischenmahlzeiten)
- Menge: iss weder zu viel, noch zu wenig. Es ist nicht gut, wenn du nach dem Essen noch Hunger hast oder aber ein Völlegefühl
- Ort: iss nicht in Eile, nicht nebenbei und nicht unterwegs. Suche dir stattdessen immer einen ruhigen Ort, an dem du ganz in Ruhe essen kannst und nicht durch einen Fernseher, Smartphone oder andere Dinge abgelenkt bist
- Kauen: kaue langsam und gründlich; das nimmt deinem gereiztem Darm einige Arbeit ab
- Lebensmittel: verminderefettiges oder sehr würziges Essen, reduziere Kaffee, Alkohol, kohlensäurehaltige Getränke, Zwiebeln, Kohl und Hülsenfrüchte, aber auch Kaugummis und Süßstoffe, die auf “-ol” enden. Nimm Ballstoffe zu dir, verteile diese aber gleichmäßig auf den Tag.
Verlauf der Diskussion:
Veröffentlichung der Studie aus Schweden (veröffentlicht 05.08.2015):
Böhn, L., Störsrud, S., Liljebo, T., Collin, L., Lindfors, P., Törnblom, H. and Simrén, M., 2015. Diet low in FODMAPs reduces symptoms of irritable bowel syndrome as well as traditional dietary advice: a randomized controlled trial. Gastroenterology, 149(6), pp.1399-1407. Online: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/26255043, abgerufen am 16.03.2016
Nur bei 50 Prozent der Betroffenen konnten die Reizdarmsyndrom Symptome effektiv durch die low-FODMAP-Diät reduziert werden. Dabei sind klassische, lange bekannte Ernährungsempfehlungen genau so wirksam wie die FODMAP-Diät
Antwort aus Australien auf die Studie (veröffentlicht 02.03.2016):
Gibson, P.R., Varney, J.E. and Muir, J.G., 2016. Diet Therapy for Irritable Bowel Syndrome: Is a Diet Low in FODMAPS Really Similar in Efficacy to Traditional Dietary Advice?. Gastroenterology. Online: http://www.gastrojournal.org/article/S0016-5085(16)00137-2/abstract, abgerufen am 16.03.2016
Die Australier werfen den Schweden vor, dass die die FODMAP-Diät nicht richtig angewendet haben und die schwedischen Diätassistenten schlecht über die FODMAP-Diät informiert waren
Antwort der Schweden auf Gibsons Einwand (unveröffentlicht)
Persson, E.C., Shiels, M.S., Dawsey, S.M., Bhatia, K., Anderson, L.A. and Engels, E.A., 2016. Retraction notice to “Increased Risk of Stomach and Esophageal Malignancies in People With AIDS”: Gastroenterology 2012; 143: 943–950. e2. *Gastroenterology, 150(4), p.1048. Bald online unter: http://www.gastrojournal.org/article/S0016-5085(16)00259-6/abstract http://dx.doi.org/10.1053/j.gastro.2016.02.068, abgerufen am 16.03.2016*
Die Schweden wenden ein, dass eine 2015 veröffentlichte systematische Übersichtsarbeit bemängelt, dass die bisher verfügbaren Studien zur Wirksamkeit der low-FODMAP-Diät von schlechter Qualität sind und wenig Schlüsse zulassen. Sie fordern weitere Forschung, zur Wirksamkeit der FODMAP-Reduzierung beim Reizdarmsyndrom.