Schwangerschaft und Reizdarmsyndrom – was ist bislang bekannt?
Während einer Schwangerschaft durchlebt der Körper tiefgreifende Veränderungen. Die Hormone, das Immunsystem, die Psyche und der Stoffwechsel passen sich den neuen Anforderungen an. Diese Veränderungen betreffen auch den Darm und können zu Problemen führen. Möglicherweise auftretende Veränderungen der Stuhlgewohnheiten können werdende Mütter belasten und zu Fragen und Sorgen bezüglich der Diagnose Reizdarmsyndrom führen.
Überblick
- das Reizdarmsyndrom und Reizdarm-spezifische Symptome treten häufig während einer Schwangerschaft auf
- die meisten Frauen berichten von Verstopfung und Blähungen, es kann aber auch zu vermehrtem Durchfall kommen
- zu den Auslösern zählen die starken hormonellen Schwankungen von Östrogen und Progesteron
- die Fruchtbarkeit ist durch das Reizdarmsyndrom nicht beeinflusst
- für das Baby sind die Symptome ungefährlich, allerdings wurde in einer Studie ein leicht erhöhte Zahl von Fehlgeburten und Eileiterschwangerschaften festgestellt
- eine Therapie des Reizdarmsyndroms ist auch während der Schwangerschaft möglich
Wie äußert sich ein Reizdarmsyndrom während der Schwangerschaft?
Das Reizdarmsyndrom fällt durch Bauchschmerzen, Krämpfe, Völlegefühl, Blähungen und Stuhlunregelmäßigkeiten auf. Frauen neigen eher als Männer zu Verstopfung, Völlegefühl und Schmerzen1. Tatsächlich leidet ein Großteil aller Frauen während der Schwangerschaft ab und zu an Darmbeschwerden wie Verstopfung, Durchfall, Blähungen oder Bauchschmerzen. In Studien schwankt die Zahl der betroffenen Schwangeren von 11-75%. Die Ursache dafür könnten die starken Veränderungen im Hormonhaushalt oder auch die veränderten Raumverhältnisse im Bauch durch die wachsende Gebärmutter sein2,3.
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Wird ein Reizdarmsyndrom durch eine Schwangerschaft schlimmer?
Die weiblichen Sexualhormone Östrogen und Progesteron spielen eine wichtige Rolle bei der Entstehung und Aufrechterhaltung des Reizdarmsyndroms. Sie regulieren nicht nur den weiblichen Zyklus, sondern beeinflussen auch nachweislich die sogenannte Darm-Hirn-Achse. Während einer Schwangerschaft steigen beide Hormone stark an. Der Darm reagiert daraufhin mit einer Abnahme der Bewegung (Peristaltik), insbesondere im letzten Schwangerschaftsdrittel. Probleme wie Verstopfung, Blähungen und Völlegefühl haben ihren Ursprung in einer langsamen Darmpassage und können sich so verschlimmern. Im Umkehrschluss könnte also angenommen werden, dass sich Symptome wie Durchfall und Krämpfe sogar bessern. Tatsächlich ist Durchfall aber trotzdem für viele Schwangere ein Problem (in einer Studie beispielsweise für 34%). Die hohen Konzentrationen von Schwangerschaftshormonen können sich allerdings hemmend auf die Schmerzübertragung auswirken. Probleme mit Bauchschmerzen könnten also während einer Schwangerschaft abnehmen1,2.
Kann ein Reizdarmsyndrom die Empfängnis beeinträchtigen?
Es gibt keine wissenschaftlichen Hinweise für die Annahme, dass ein Reizdarmsyndrom die Empfängnis beeinflussen könnte. Die symptome des Reizdarmsyndroms können sich mit den hormonellen Schwankungen während des weiblichen Zyklusses verändern und während der fruchtbaren Phase sogar weniger stark ausgeprägt sein1. Die Fruchtbarkeit ist jedoch von den Symptomen nicht betroffen.
Gefährdet das Reizdarmsyndrom das Baby im Bauch?
Das Reizdarmsyndrom kann die Betroffenen sehr belasten, ist jedoch im Grunde genommen keine gefährliche Krankheit. Generell sollten in jeder Schwangerschaft die Vorsorgeuntersuchungen wahrgenommen werden. Auch Vorerkrankungen wie das Reizdarmsyndrom sollten dabei unbedingt thematisiert werden. In einer großen Studie mit 26.543 schwangeren Frauen mit diagnostiziertem Reizdarmsyndrom zeigte sich ein leicht erhöhtes Risiko für Eileiterschwangerschaften und Fehlgeburten. Insgesamt waren diese Komplikationen aber immer noch sehr selten: weniger als 1% der Schwangeren waren betroffen.4 Diese Studienergebnisse sind ernst zu nehmen, aber trotzdem mit Vorsicht zu genießen: Es handelt sich um eine einzelne Studie mit methodischen Schwächen.2
Bei Sorgen und Ängsten, die hiermit im Zusammenhang stehen empfiehlt sich eine Beratung bei der behandelnden Ärztin.
Welche Therapie empfiehlt sich beim Reizdarmsyndrom während einer Schwangerschaft?
Die Therapie des Reizdarmssyndroms richtet sich nach den auftretenden Symptomen und kann sowohl eine Ernährungsumstellung, als euch die Einnahme von Medikamenten beinhalten.
Ernährungsumstellungen sowie das Einhalten spezieller Diäten wie der Low-FODMAP-Diät sind grundsätzlich eher unproblematisch. Allerdings sollten Schwangere unbedingt darauf achten, genügend Nährstoffe und wichtige Spurenelemente für sich und ihr Ungeborenes zu sich zunehmen, da es sonst zu Fehlbildungen kommen kann. Deshalb ist es bei speziellen Diäten während der Schwangerschaft unbedingt zu empfehlen, sich von einem Ernährungsberater oder einer Ärztin beraten zu lassen.
Die Einnahme zusätzlicher Ballaststoffe durch Leinsamen, Flohsamenschalen oder Kleie kann Verstopfungssymptomen entgegenwirken und ist sicher für das Ungeborene.
Pro- und präbiotika werden ebenfalls gerne zur Therapie des Reizdarmsyndroms oder von funktionellen Darmbeschwerden eingesetzt. Bei einem Vergleich mehrerer Studien zeigte sich, dass Pro- und Präbiotika eine Schwangerschaft nicht negativ beeinflussen und wahrscheinlich problemlos eingesetzt werden können5.
Bei einer Therapie des Reizdarmsyndroms mit Medikamenten muss unbedingt darauf geachtet werden, dass die jeweiligen Medikamente in der Schwangerschaft sicher sind. Während einige Wirkstoffe völlig unbedenklich sind, können andere Medikamente - auch solche die rezeptfrei in der Apotheke verkauft werden - Schäden beim Ungeborenen verursachen.2 Deswegen muss eine Medikamenteneinnahme während der Schwangerschaft immer mit der Ärztin besprochen werden! Auch seriöse Quellen wie www.embryotox.de können Informationen dazu liefern, ob Medikamente während der Schwangerschaft weiter eingenommen werden können.
Tritt das Reizdarmsyndrom vermehrt nach einer Schwangerschaft auf?
Auch nach der Entbindung dauert es einige Zeit, bis sich das ursprüngliche hormonelle Gleichgewicht im Körper wieder eingestellt hat. Auch in dieser Zeit kann es vermehrt zu Darmbeschwerden und einer Verschlimmerung des Reizdarmsyndroms kommen. Allerdings gibt es keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass das Reizdarmsyndrom vermehrt nach einer Schwangerschaft auftritt.2
Zusammenfassung
Vielen Frauen leiden während der Schwangerschaft am Reizdarmsyndrom und Reizdarm-spezifische Symptomen. Hierzu zählen Verstopfung und Blähungen, es kann aber auch zu Durchfall und häufigem Stuhlgang kommen. Falls die Erkrankungs schon vor der Schwangerschaft bekannt ist, empfiehlt sich eine Betreuung beim Arzt, um eine Gefahr für das Baby auszuschließen. Auch eine Therapie des Reizdarmsyndroms sollte mit dem Arzt individuell besprochen und gegebenenfalls angepasst werden.
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Mulak A, Taché Y, Larauche M. Sex hormones in the modulation of irritable bowel syndrome. World J Gastroenterol. 2014;20(10):2433-2448. doi:10.3748/wjg.v20.i10.2433
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Moosavi S, Pimentel M, Wong MS, Rezaie A. Irritable Bowel Syndrome in Pregnancy. Am J Gastroenterol. 2021;116(3):480-490. doi:10.14309/ajg.000000000000112
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Johnson P, Mount K, Graziano S. Functional bowel disorders in pregnancy: effect on quality of life, evaluation and management. Acta Obstetricia et Gynecologica Scandinavica. 2014;93(9):874-879. doi:10.1111/aogs.12434
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Khashan AS, Quigley EMM, McNamee R, McCarthy FP, Shanahan F, Kenny LC. Increased Risk of Miscarriage and Ectopic Pregnancy Among Women With Irritable Bowel Syndrome. Clinical Gastroenterology and Hepatology. 2012;10(8):902-909. doi:10.1016/j.cgh.2012.02.014
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Jarde A, Lewis-Mikhael A-M, Moayyedi P, et al. Pregnancy outcomes in women taking probiotics or prebiotics: a systematic review and meta-analysis. BMC Pregnancy Childbirth. 2018;18(1):14. doi:10.1186/s12884-017-1629-5
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