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Angelikawurzel – wirkt das traditionelle Heilmittel beim Reizdarmsyndrom?
Häufige Symptome bei Reizdarm oder Reizmagen sind Bauchschmerzen, Krämpfe, Sodbrennen, Übelkeit, Völlegefühl und Blähungen. Die Angelikawurzel ist eine traditionelle Heilpflanze, der man nachsagt, dass sie krampflösend und magenschützend wirkt. Außerdem soll sie appetitanregend wirken und die Produktion von Verdauungssäften in Mund, Magen, Gallenblase und Bauchspeicheldrüse (Pankreas) fördern. Hilft die Pflanze beim Reizdarm-Symptom?
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Was ist Angelikawurzel?
Bei der Angelikawurzel handelt es sich um meist getrocknete Wurzelstücke der Pflanze Arznei-Engelwurz (Angelica archangelica). Sie gehört zu der Pflanzengattung Engelwurzen oder Angelikawurzen. Weltweit gibt es etwa einhundert verschiedene Arten dieser Gattung, von denen viele aufgrund ihrer Wirkung in der Pflanzenheilkunde eingesetzt werden.
In Deutschland und Nordeuropa wird vor allem der Arznei-Engelwurz für therapeutische Zwecke verwendet. In China dagegen ist der Chinesische Engelwurz (Angelica sinensis oder Dang gui) von großer Bedeutung für die traditionelle chinesische Medizin. Hinsichtlich ihrer Wirkung unterscheiden sich die beiden Pflanzen maßgeblich und sollten bei der Einnahme nicht verwechselt werden. Während die Wurzel des deutschen Arznei-Engelwurzes Magen- und Darmbeschwerden lindern soll, wird der chinesische Engelwurz hauptsächlich bei Kreislauf- und Menstruationsbeschwerden eingesetzt.
Die volksmedizinische Verwendung von Angelikawurzel ist in Europa schon seit dem 14. Jahrhundert nachgewiesen. Damals soll sie angeblich vor der tödlichen Pest geschützt haben. Heute ist die Pflanze im Deutschen Arzneibuch als offizielles Mittel der Pflanzenheilkunde (Phytotherapie) anerkannt. Bestandteile der Wurzel werden in vielen naturheilkundlichen Arzneimitteln, wie Iberogast, Gastritol und Abdomilon, verwendet.
Woher kommt Angelikawurzel?
Arznei-Engelwurz wird vor allem in Mittel- und Osteuropa angebaut. Geerntet wird sie im Frühling und im Herbst. Dabei wird auf einen hohen Wurzelertrag geachtet. Laut Vorgabe des Deutschen Arzneibuches müssen die Wurzeln einen bestimmten Ölgehalt aufweisen, damit sie als pflanzliches Arzneimittel verarbeitet oder verkauft werden dürfen.
Angelica archangelica ist auch in der freien Natur zu finden. Die Pflanzen wachsen meist auf feuchten, nährstoffreichen Böden in der Nähe von Wasser. Allerdings sollten sich nur Profis an das Sammeln wagen. Es besteht hohe Verwechslungsgefahr mit dem giftigen Gefleckten Schierling (Conium maculatum) und dem Riesen-Bärenklau (Heracleum mantegazzianum).
Der Arznei-Engelwurz ist ungiftig. Die Blätter, Stiele, Triebe und Blütenknospen können roh gegessen werden. Ihr Geschmack ähnelt dem von Möhren, die wie die Angelikapflanze zur Pflanzenfamilie der Doldenblütler zählen. Allerdings ist nur die Verwendung der Wurzel des Arznei-Engelwurz offiziell für medizinische Zwecke anerkannt.
Wo kann ich Angelikawurzel kaufen?
Angelikawurzel wird in verschiedenen Formen angeboten. Getrocknete Wurzeln können direkt beim Hersteller oder im Einzelhandel erworben werden. Sie werden als groß geschnittene Wurzelstücke, fein zerkleinert für Tees oder in Pulverform verkauft.
In der Apotheke werden meist Extrakte und Tinkturen der Wurzel angeboten. Bei der Herstellung werden mit Hilfe von Lösungsmitteln, meist Wasser und Alkohol, die wirksamen Bestandteile der Wurzel konzentriert. Extrakte enthalten weniger Lösungsmittel als Tinkturen. In ihnen sind die Inhaltsstoffe der Angelikawurzel stärker dosiert und sie können daher in geringeren Mengen eingenommen werden.
Mittlerweile werden auch Öle der Angelikapflanze angeboten. Sie werden aus den Wurzeln oder aus den Samen durch Kaltpressung und Wasserdampfbehandlung gewonnen. Im Handel sind sie als reines ätherisches Öl oder als Balsam für die äußere Anwendung auf der Haut erhältlich.
Einige Medikamente auf pflanzlicher Basis enthalten ebenfalls Angelikawurzel. Dazu zählen Iberogast, Gastritol und Abdomilon. Auch wenn es sich hierbei um nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel handelt, sollten eine Beratung beim Arzt oder Apotheker erfolgen und die Verpackungsbeilage sollte unbedingt beachtet werden.
Welche Wirkstoffe enthält Angelikawurzel?
Die Wurzeln des Arznei-Engelwurz enthalten mehrere medizinisch wirksame Inhaltsstoffe. Die Wirkungen des einzelnen Inhaltsstoffe sind unterschiedlich gut erforscht. Manche Effekte sind wissenschaftlich nachgewiesen, sind nur volksmedizinisch überliefert.
Bitterstoffe
Ihr bitterer Geschmack soll bereits im Mund die Produktion zahlreicher Verdauungssäfte anregen. Tatsächlich scheint Angelikawurzel die Produktion von Magensaft und dem Verdauungssekret der Bauchspeicheldrüse zu steigern.
Gerbstoffe
Gerbstoffe werden auch als Tannine bezeichnet. In Laborexperimenten konnten sie den Stoffwechsel von Bakterien hemmen. Äußerlich werden sie deshalb teilweise zur Wundpflege eingesetzt.
Furanocumarine
Diese pflanzlichen Inhaltsstoffe sind für Nebenwirkungen bei der Einnahme der Angelikawurzel verantwortlich. Auf der Haut können diese Stoffe unter Einwirkung von Licht Ausschläge und Entzündungen verursachen. In der Leber können Furanocumarine den Abbau von Medikamenten stören und so mit anderen Arzneimitteln interagieren. Außerdem können einige Vertreter dieser Wirkstoffklasse die Blutgerinnung hemmen, insbesondere wenn sie zusammen mit dem Gerinnungshemmer Phenprocoumon (Marcumar) eingenommen werden.
Furanocumarine sind Gegenstand vieler Studien, in denen ihr Nutzen für unterschiedlichste Anwendungen erforscht wird.
Ätherische Öle
Diese bestehen aus verschiedenen wirksamen Bestandteilen, die beispielsweise gegen schädliche (pathogene) Bakterien, und Viren Pilze wirksam sind, sich aber auch positiv auf das allgemeine Wohlbefinden auswirken sollen.
Wie kann die Angelikawurzel eingenommen werden?
Je nach Zubereitungsart enthält das fertige Produkt unterschiedliche Mengen dieser Wirkstoffe. Bei der Zubereitung als Tee und in Extrakten und Tinkturen aus getrockneten Wurzeln gelangt ein Großteil aller Stoffe, die medizinisch wirksam sein sollen, in den Magen-Darm-Trakt.
Bei der Herstellung von Öl sind dagegen die ätherischen Öle in stark konzentrierter Form vorhanden. Es wird meist zur äußerlichen Behandlung oder Inhalation angewendet. Eine innerliche Anwendung wird nicht empfohlen, da die Schleimhäute in Mund, Rachen und Magen stark gereizt werden können.
Die Wurzel kann auch zum Räuchern verwendet werden. Dabei wird jeweils nur eine Prise der zerkleinerten Wurzel verbrannt. Der Rauch soll sich positiv auf das allgemeine Wohlbefinden auswirken.
Wofür wird Angelikawurzel verwendet?
Bei der Einnahme von Tees, Extrakten und Tinkturen sollen die Inhaltsstoffe der Angelikawurzel bei Appetitlosigkeit, Völlegefühl, Magen-Darm-Krämpfen und Blähungen helfen.
Die Bitterstoffe der Angelikawurzel scheinen den Speichelfluss und die Produktion von Magensäure, Gallenflüssigkeit und Bauchspeicheldrüsensekret anzuregen. All diese Verdauungssäfte sind an der Verwertung unserer Nahrung beteiligt und sorgen für eine reibungslose Verdauung.
Studien zur Wirksamkeit von Iberogast legen nahe, dass Angelikawurzel maßgeblich an der verstopfungslösenden Wirkung des Arzneimittels beteiligt ist. Grund dafür scheint zu sein, dass Angelikawurzelextrakt die Abgabe von Flüssigkeit in den Darm anregt und so den Stuhl weicher machen kann. Gleichzeitig wird die Muskulatur zur Bewegung (Peristaltik) angeregt, so dass der Verdauungsprozess unterstützt wird.
Wie kann Angelikawurzel noch eingesetzt werden?
Eine Bauchmassage mit Angelikawurzel-Öl soll krampflösend wirken. Allerdings handelt es sich hierbei nur um Erfahrungsberichte, die nicht wissenschaftlich überprüft wurden.
In der Forschung werden derzeit weitere Anwendungsbereiche des Arznei-Engelwurz untersucht. Die Bestandteile der Wurzel zeigten in einigen Experimenten eine positive Wirkung auf Magengeschwüre. Außerdem haben sie die Leberzellen von Mäusen vor negativen Auswirkungen durch Alkohol geschützt. Die Furanocumarine der Blätter und Früchte scheinen die Vermehrung verschiedener Krebszellen bei Bauchspeicheldrüsen- und Brustkrebs zu hemmen.
Ätherische Öle werden mit einer Angst und Erschöpfung mildernden Wirkung in Verbindung gebracht. Bei Mäusen haben sich sogar positive Auswirkungen auf epileptische Anfälle gezeigt. In Erfahrungsberichten wird auf die beruhigende Wirkung der Inhalation beim grippalen Infekt (Bronchitis) hingewiesen. Als Badezusatz könnten sich die ätherischen Öle positiv auf rheumatische Beschwerden auswirken.
Achtung
Vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ist Angelikawurzel nur für die Verwendung bei Appetitlosigkeit, Verdauungsbeschwerden, Magen-Darm-Krämpfen, Völlegefühl und Blähungen zugelassen.
Wie soll ich Angelikawurzel dosieren?
Grundsätzlich raten wir, die Anwendung von medizinische von Angelikawurzel unbedingt mit einem Arzt oder einer Ärztin zu besprechen, da es durch diese Pflanze zu ernstzunehmenden Nebenwirkungen und Arzneimittelinteraktionen kommen kann. Auch die Dosierempfehlung solltest du unbedingt mit einem Arzt besprechen. Bei Pflanzenbestandteilen, Extrakten, Tinkturen und Ölen kann der Gehalt der Wirkstoffe stark von Produkt zu Produkt variieren, was allgemeine Dosierempfehlungen praktisch unmöglich macht.
Welche Nebenwirkungen hat Angelikawurzel?
Die Furanocumarine der Angelikapflanze verstärken die Lichtempfindlichkeit (Photosensibilität) unserer Haut. In der Fachsprache wird das als Phototoxizität bezeichnet. Beim Pflücken der Pflanze mit bloßen Händen kann bei intensivem UV-Licht eine Hautentzündung (Dermatitis) auftreten, die einem Sonnenbrand ähnelt. Auch wenn Bestandteile der Pflanze eingenommen werden, kommt es zu einer stärkeren Lichtempfindlichkeit. Auf lange Aufenthalte in starker Sonne oder Nutzung eines Sonnenstudios sollte daher verzichtet werden.
Furanocumarine können außerdem Interaktionen mit dem Abbau anderer Medikamente in der Leber verursachen. Auch die Blutgerinnung können sie negativ beeinflussen.
Die Verwendung von Angelikawurzel in der Schwangerschaft sollte unbedingt mit einem Arzt besprochen werden!
Zusammenfassung
Der Wurzel des Arznei-Engelwurz werden viele positive Effekte auf den Darm nachgesagt, unter anderem die Anregung der Produktion von Verdauungssäften. Deshalb ist Angelikawurzel auch Bestandteil einiger naturheilkundlicher Medikamente, für die es teilweise auch wissenschaftliche Wirkungsnachweise gibt.
So kann die Angelikawurzel womöglich helfen, Symptome wie Bauchkrämpfe oder Blähungen beim Reizdarmsyndrom zu lindern. Überzeugende Studien zu ihrer Wirksamkeit bei Menschen mit Reizdarmsyndrom allerdings nicht, weswegen eine Anwendung in den Leitlinien zum Reizdarmsyndrom auch nicht empfohlen wird. Da ernstzunehmende Nebenwirkungen und Interaktionen auftreten können, solltest du eine Anwendung unbedingt mit deinem Arzt oder deiner Ärztin besprechen.
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Online abgerufen am 21.03.2021.